Warum Selbstlosigkeit nicht immer alles ist, wenn es darum geht, anderen zu helfen, Egoismus nicht zwingend etwas Schlechtes darstellt und warum es unsere Pflicht ist, unser bestes „Ich“ zu sein.
Wem hilfst du zuerst – dir selbst, oder anderen?
Vielleicht kennst du diese Frage aus deiner eigenen Kindheit, wo unsere moralische Basis gelegt wurde. Schließlich waren unsere Eltern bemüht, uns zu „guten“ Menschen zu erziehen, die später ihren Platz in der Gesellschaft finden und anderen mit ihren Fähigkeiten helfen können sollten.
Die Antwort, die wir deswegen auf diese Frage lernten, war in der Regel:
Natürlich hilfst du den anderen zuerst.
Denn alles andere wäre schließlich egoistisch. Oder?
Warum Selbstlosigkeit wichtig ist …
Auch bei mir war es nicht anders. Gut und nett erzogen, schon unter dem Aspekt einer katholisch geprägten Kultur immer auf den Nutzen und die Selbstlosigkeit für die Gemeinschaft bedacht – eine wichtige Basis für das Zusammenleben vieler Menschen, wie ich meine. Wahrscheinlich würden viele Konflikte und Dramen gelöst, wenn jeder ein wenig mehr „selbstlos“ wäre und nicht seinen bloßen eigenen Vorteil mit Ellbogentechnik durchbringen würde.
… Egoismus aber auch
Was passiert aber nun, wenn man stets anderen hilft – und sich selbst dabei vergisst?
Keine Frage – Selbstlosigkeit und anderen Menschen zu helfen, ist enorm wichtig. Aus eigener Erfahrung finde ich es aber ebenso bedenklich, wenn man sich „selbst dafür aufgibt“.
Damit meine ich, dass es viele Menschen gibt, die mehr geben, als sie an Ressourcen tatsächlich besitzen, die sie geben können.

Wieviele Ressourcen hast du für deine Projekte?
Das ist ein Problem. Lass mich das an meinem eigenen Beispiel zeigen:
Ich würde mich selbst als kommunikativen, vielseitig interessierten und hilfsbereiten Menschen bezeichnen – jemanden, der offen durchs Leben geht, sich für andere interessiert, merkt wenn einer Probleme hat und der gerne hilft, weil es ein schönes Gefühl ist.
Kein Wunder, dass ich in den letzten beiden Jahren plötzlich in einigen Organisationen engagiert war, wo ich genau das tat.
Ich war neben dem Studium in 5 Vereinen gleichzeitig aktiv im Vorstand tätig; bemüht, Mehrwert für die Mitglieder zu schaffen, Veranstaltungen zu organisieren, Vereinszeitungen herauszubringen, das komplette Marketing zu übernehmen, neue Mitglieder zu werben, etc..
Das Problem dabei war, dass ich mehr geben wollte, als ich tatsächlich konnte.
Was als Nebenarbeit anfing, hatte sich plötzlich in mehr als einen Vollzeitjob überschlagen. Ich fing an, meine eigentlichen Hauptprojekte zu vernachlässigen.
- Studium? Der Musterfortschritt und Fokus war dahin und ich hatte mit vielen Prüfungsmisserfolgen zu kämpfen.
- Sport? Ich begann erstmals, das Training aufzuschieben, für dann, wenn ich „Zeit hatte“.
- Finanzen? Ein großer Teil ging für ehrenamtliche Vereinsaktivitäten & damit verbundene Reisen drauf.
- Energie & Fokus? Mit jedem Tag ein Stück geringer.
- Beziehungen? Mit jeder zusätzlichen Aktivität war ich beschäftigter und hatte vielleicht weniger Zeit für die wirklich wichtigen Menschen in meinem Leben.
Ich spürte schnell, wie mich die verschiedenen Aufgaben innerlich begannen, zu zerreißen.
Ich wollte gut sein und meine Aufgaben gut machen – schließlich waren es alles Dinge, die mich faszinierten, die ich gerne machte, die aber überhand nahmen.
Bis ich die Reißleine zog und beschloss, im Sommer eine Auszeit zu nehmen.

Es ist nichts falsch daran, auf sich selbst zu achten.
Zeit für einen Neustart – #ProjectMe
Denn ich wusste – so kann es nicht weitergehen. Durch das immer größere Engagement begann ich langsam, mich selbst zu vernachlässigen, um nicht andere zu enttäuschen. Meine Träume und Ziele hintanzustellen, um nebensächliche Wünsche anderer zu erfüllen – kurz: Meine Persönlichkeit aufzugeben, um mich den Bedürfnissen anderer anzupassen.
Es war eine schöne Zeit, die tolle Erfahrungen mit sich brachte. Ich bin dankbar dafür, weil sie mich dadurch auf das nächste Level hob und dorthin begleitete, wo ich heute stehe. Ohne diese Entscheidungen wohl nicht möglich.
Ich bedaure keine dieser Entscheidungen. Jedoch habe ich aus diesem Kapitel sehr viel gelernt und beantworte die oberstehende Frage nun anders.
Die Pflicht, unser bestes „Ich“ zu sein
Ich glaube inzwischen, dass es nicht egoistisch ist, wenn ich mich zuerst um mich selbst kümmere. Schaue, dass es mir gut geht. Denn dann kann ich anderen noch besser helfen, weil ich größere Ressourcen habe, die ich dafür einsetzen kann.
Denn niemandem bringt es etwas, wenn man sich um ein weiteres „Wrack“ kümmern muss, das nicht mal für sich selbst sorgen kann.
Es ist wie bei der ersten Hilfe: Zuerst musst du dich um deine eigene Sicherheit kümmern, bevor du anderen helfen kannst. Das hat nichts mit Egoismus zu tun.
Deswegen glaube ich, dass es unsere Pflicht ist, unser bestes „Ich“ zu sein.

Wenn du selbst „stark“ bist, kannst du anderen noch viel besser helfen.
Vielleicht ist die Frage falsch formuliert: Sie sollte nicht lauten:
Wem hilfst du zuerst – dir selbst, oder anderen?,
sondern
Wieviel kannst du geben?
Denn damit können wir sicherstellen, dass wir selbst nicht „auf der Strecke bleiben“ und uns vernachlässigen, sondern eine starke Basis schaffen, von der wir weitermachen können. Unseren guten Zustand noch umso mehr dafür nützen, anderen noch besser helfen zu können.
Denn natürlich gilt:
Wenn du viel gibst, wirst du auch viel zurückbekommen.
Also schaue, dass du viel geben kannst.
Wieviel kannst du geben?
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