Adam Grant: 4 Optionen für den Umgang mit nicht zufriedenstellenden Situationen

Von Niko Juranek  - Juli 30, 2023

Kurzzusammenfassung

Besonders für ambitionierte Personen ist Stillstand äußerst frustrierend – in diesem Artikel stelle ich dir deswegen vier wissenschaftlich gut erforschte Handlungsmöglichkeiten für den Umgang mit nicht zufriedenstellenden Situationen vor: Einen Schlussstrich ziehen (exit), die eigene Stimme erheben (voice), beharrlich sein (persistence) und den Aufwand verringern (neglect). Diese Optionen bieten verschiedene Ansätze, um mit Herausforderungen in Beruf, Beziehungen oder persönlichen Projekten umzugehen, wobei die Wahl der richtigen Strategie von den individuellen Umständen und dem persönlichen Engagement abhängt.

4 Handlungsmöglichkeiten für den Umgang mit nicht zufriedenstellenden Situationen

Stillstand ist frustrierend – gerade für motivierte, ambitionierte Personen wie dich, wenn man es sonst gewohnt ist, alles bestmöglich, effizient und zuverlässig zu erledigen, und das scheinbar alles trotzdem nichts hilft.

Das kann in den verschiedensten Lebenslagen passieren, egal ob es sich um die berufliche Karriere, eine Beziehung oder ein persönliches Herzensprojekt handelt.

Im Buch "Originals" von Adam Grant kam ich dabei heute im Aufsatz "Quitting before Leaving[1] über vier Lösungsansätze, wie man so eine unzufriedenstellende Situation selbst verbessern kann. [2] Nach dem Ökonomen Albert Hirschmann gibt es jahrzehntelange Forschung, die zeigt, dass man stets eine Wahl, konkret 4 Optionen hat: Er spricht von einem Ende (exit), Stimme (voice), Beharrlichkeit (persistence) und Vernachlässigung (neglect). [3]

Option 1: Einen Schlussstrich ziehen (exit)

Exit bedeutet hier, sich aus der Situation vollständig zu entfernen. Das bedeutet etwa, einen unterdrückenden Job zu kündigen (vgl. das Phänomen der "Great Resignation" in den letzten Jahren, [4] ) oder die toxische Beziehung zu verlassen. 

Gerade in festgefahrenen Situationen ist dies wohl die beste Option, wenn weder eine andere Lösung als möglich erscheinen, noch ein Wille zur Fortsetzung vorhanden ist.

Option 2: Erhebe deine Stimme (voice)

Voice bedeutet, proaktiv selbst zu versuchen, die Situation zu verbessern: 

Das könnte bedeuten, ein direktes Gespräch mit Kollegen bzw. Vorgesetzten zu suchen und konkrete Lösungsvorschläge zu präsentieren; in der Partnerschaft ein Thema anzusprechen, eine Paartherapie vorzuschlagen; oder für ein Thema, das einem wichtig ist, selbst als Botschafter / Aktivist eine Nachricht zu verbreiten.

Das ist eine gute Option, wenn einem die Sache persönlich sehr wichtig ist, man gewillt, darin Energie zu investieren und man zumindest eine kleine – mag sie äußerlich auch fast unmöglich wirken – Chance auf Erfolg sieht.

Option 3: Sei beharrlich (persistence

Beharrlichkeit bedeutet, die Zähne zusammenzubeißen und einfach durchzuhalten: Egal, wie fordernd die Aufgaben, wie unmöglich der Vorgesetzte sein mag, man entwickelt eine dicke Haut, lässt sich nicht beirren, macht einfach weiter. Man steht zu seinem Partner, seiner Partnerin, egal wie verworren die Situation vielleicht auch scheinen mag. Man hilft, ein Projekt umzusetzen, auch wenn man mit der Zielsetzung, der Vision, der Kultur, der Politik nicht einverstanden ist – das große, gemeinsame Ziel ist einfach wichtiger als die vorübergehenden Meinungsverschiedenheiten / Mühen.

Gerade langfristig ist dieser Ansatz oft im Ergebnis sehr effektiv, kann sich am Weg dorthin aber unglaublich mühsam anfühlen – darauf sollte man eingestellt sein.

Option 4: Verringerung des Aufwands (neglect)

Neglect ist ein sehr passiv orientierter Ansatz und bedeutet, lediglich seinen Aufwand zu reduzieren, den man in ein Sache steckt. 

Das heißt etwa, die Leistungsbereitschaft in der Arbeit auf das notwendige Minimum zu reduzieren, ohne die Extrameile zu gehen (vgl. den Trend des "Quiet Quitting", [5]), neue Aktivitäten zu finden, um den Partner, die Partnerin nicht zu oft zu sehen.

Es versteht sich von selbst, dass dieser Ansatz zwar ein Weg ist, die Symptome des Problems zu reduzieren und damit irgendwie zu leben, aber weder den Auslöser für diese unangenehme Situation entfernt, noch die Situation irgendwie bessert. Manchmal ist dies auch nur eine Übergangsphase zum exit.

Dieser Ansatz kommt wohl nur für Situationen in Frage, die im täglichen Leben von geringerer Priorität sind; für die wichtigen Dinge, sollte wohl stets ein einer der oberen Ansätze (Proaktivität oder Durchhaltevermögen) gewählt werden.

Welche Option soll ich wählen, um die Situation zu verbessern?

Grant sagt im Buch, die Wahl der richtigen Option hänge stets von den Umständen, der Möglichkeit / Gefühl von Kontrolle, und dem Committment ab:

  • Glaube ich daran, dass die Veränderung herbeiführen kann?
  • Ist es mir wichtig genug, es zu versuchen?

Demnach würde man die Vernachlässigung wählen, wenn man glaubt, mit dem Status Quo leben zu müssen und kein Commitment vorhanden ist, aber Behaarlichkeit, wenn man bereit ist, es zu versuchen; wenn es einem wichtig ist, man aber nicht glaubt, dass man etwas verändern kann, so wird man den exit wählen. Nur, wenn man daran glaubt, dass die eigenen Handlungen bedeutend sind, man dadurch einen Unterschied bewirken kann und einem sehr viel daran liegt, wird man proaktiv sein und seine Stimme erheben, alles dafür tun, dass es passieren kann. [6]

Fazit

Es gibt also nicht "die eine perfekte Lösung" – entsprechend den Umständen wird also eine Option besser geeignet sein als eine andere, manche vielleicht auch gar nicht dafür taugen. 

Das löst die Situation vielleicht nicht auf den ersten Blick, aber es hilft, durchzuatmen und sich in Erinnerung zu rufen, dass es in jedem Fall eine Lösung gibt, und man es selbst in der Hand hat, den nächsten Schritt bestimmen zu können.

Manchmal hilft alleine schon dieses Bewusstsein, sich nicht machtlos zu fühlen, sondern wieder selbstbewusster zu werden, da man sich aktiv für eine Option entscheiden kann, und dadurch erst auch die – oft individuell beste – Entscheidung getroffen wird.

Frage zur Selbstreflexion: Gibt es eine Option, die du in der Vergangenheit schon öfter gezogen hast? Hat sie die geholfen? Wenn ja, wie? Wenn nein, was hat gefehlt?


Referenzen

  1. Grant, Originals – How Non-Conformatists Move The World* (2016), 79.
  2. Rusbult/Farrell/Rogers/Mainous, Impact of Exchange Variables on Exit, Voice, Loyalty, and Neglect: An Integrative Model of Responses to Declining Job Satisfaction, Academy of Management Journal 31 (1988), 599 (601).
  3. Burris/Detert/Chiaburu, Quitting Before Leaving: The Mediating Effects of PsychologicalAttachment and Detachment on Voice, Journal of Applied Psychology 93 (2008), 912 (913).
  4. Artikel vom 06.11.2021 in Der Standard: Bauer, Great Resignation: So wollen sie nicht mehr arbeiten, abgerufen am 09.09.2023.
  5. Artikel vom 26.08.2022 in Der Standard: Dang, "Quiet Quitting": Warum Dienst nach Vorschrift jetzt trendet, abgerufen am 09.09.2023.
  6. Grant, Originals – How Non-Conformatists Move The World* (2016), 80.

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Mag. Nikolaus Juranek

Mag. Nikolaus Juranek ist Jurist und Dipl. Lehrtrainer für Erwachsenenbildung. In seinen Artikeln beschäftigt er sich damit, wie man sich praxisrelevante Skills und Fähigkeiten aus den verschiedensten Bereichen aneignet, um in Beruf, Hobby und Privatleben zu wachsen und in dem, was man macht, neue Standards setzt.

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